Galgen Irdning
PositionLand/Region Steiermark, Bezirk Liezen, Gemeinde Irdning
33 N 432749 / 5262148 UTM/WGS84
BeschreibungObjektbeschreibung
Bei dem Galgen von Irdning handelt es sich um eine Umfassungsmauer beachtlichen Umfangs, aus der drei, viereckige Säulen herauswuchsen. Heute sind die Säulen bis zur Oberkante der Mauer abgebrochen, ein später aufgesetztes Kegeldach schließt den Galgen nach oben hin ab. Das Innere ist durch eine Öffnung in der Mauer zu erreichen, an dieser sind deutliche Ausnehmungen zu erkennen, in welchen früher eine Türlaibung aus Holz eingelassen war. Heute ist die Türe nach oben offen, auf älteren Fotos1 ist aber noch ein Türsturz erkennbar. Anscheinend handelt es sich bei dem Objekt um Österreichs einzig erhaltenen Galgen mit Umfassungsmauer und ehemals vorhandener Eingangstüre. Galgen dieser Bauart waren in anderen Gebieten (z.B. Niederschlesien2) sehr gebräuchlich. Die restlichen in Österreich erhaltenen Galgen bestehen ausschließlich aus Säulen oder weisen zusätzlich nur eine niedrige Umfassungsmauer (z.B. Arbesbach) auf. Der Zweck der Umfassungsmauer bestand darin, daß der Henker mit dem Delinquenten den nach oben offenen Raum betrat und hinter sich die Tür abschließen konnte. Dies sollte Fluchtversuche der Todeskandidaten und Befreiungsversuche oder Übergriffe auf den Henker seitens der Angehörigen verhindern.3

Historischer Kontext
Die Landgerichte im Ennstal sind im 12. und 13.Jahrhundert aus der Grafschaft Ennstal hervorgegangen.4 Das Landgericht Wolkenstein wurde am 15. Dezember 1392 urkundlich zum ersten Mal erwähnt und ist durch Abtrennung aus dem Landgericht im Ennstal hervorgegangen. Kaiser Friedrich III. ließ 1478 die Wolkensteiner Landgerichtsordnung aufzeichnen um Streitigkeiten zwischen dem Landrichter und den Landgerichtshintersassen zu befrieden. 1622 verkaufte Kaiser Ferdinand II. Herrschaft und Landgericht an Polykarp Scheit, Freiherrn von Hohenburg.5 Der Landgerichtssitz befand sich im Mittelalter in Irdning, im Laufe des 15. Jahrhunderts wurde er auf die landesfürstliche Burg Wolkenstein verlegt - auch wenn die Verhandlungen und Hinrichtungen zumindest eine Zeit lang weiter in Irdning erfolgten, 1781 erfolgte die Zurückverlegung nach Irdning.6 Der Galgen dürfte sich früher bei Raumberg befunden haben und wurde im ausgehenden 15. Jahrhundert ins Irdninger Moos verlegt.7 Die Hinrichtungen wurden seit dem 16. Jahrhundert von einem eigenen Schergen oder Schaftrichter aus Graz durchgeführt, früher vielleicht durch den Landgerichtsdiener.8 Baltl, der Dehio und Brunner datieren den Galgen ins 16./17. Jahrhundert. Weiters lesen wir bei Baltl, daß der Bau in den 1960er Jahren zur Heulagerung verwendet wurde und einen Holzboden aufwies.9 Nach der Überlieferung soll die letzte Hinrichtung hier im Jahre 1818 vollzogen worden sein. Eine andere Überlieferung berichtet von einem Todeskandidaten, welcher um 1790 vor seiner Hinrichtung fliehen konnte und sich im Dach eines Bildstocks vor den Verfolgern versteckte. Eine Personengruppe, der er begegnete, erzählte ihm, daß sie zu einer Hinrichtung in Irdning unterwegs wären, worauf er meinte, daß sie wieder umkehren können und daraus nichts werden würde, da er auch dabei sein müsste.10

Standort und Lage
Recht zentral im sehr großen ehemaligen Landgericht Wolkenstein gelegen11, befindet sich das Bauwerk, das auch "Galgenkapelle" genannt wird, etwa 150m unterhalb der von Irdning nach Aigen führenden Straße, links auf einer kleinen, länglichen Anhöhe.
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1 [Hofer86]
2 [Wojtu99; z.B. S. 21 und 24]
3 [Wojtu99; S. 51]
4 [Brunn90; S. 197]
5 [LGKE1-1; S. 31]
6 [Brunn90; S. 198f]
7 [Brunn90; S. 207]
8 [Brunn90; S. 209]
9 [DehioSt; S. 187], [Baltl57; S. 78], [Brunn90; S. 317]
10 [Hofer86]
11 [LGK; Blatt 10 sowie 9, 17 und 18], hier ist die Richtstätte jedoch nicht verzeichnet

Literatur: [Baltl57; S. 78], [Brunn90; S. 197ff, S. 317], [Hofer86], [DehioSt; S. 187]
Bilder/Plan
29.12.200129.12.2001Planskizze

© Stefan Lefnaer 14.03.2015